30/03/2020

Erbrecht des Ehegatten im Scheidungsverfahren

Grundsätzlich ist das Erbrecht eines Ehegatten an den Bestand der Ehe im Zeitpunkt des Erbfalls gebunden. Ein Ehegatte verliert also sein gesetzliches Erbrecht, wenn die Ehe durch rechtskräftigen Gerichtsbeschluss aufgelöst wurde. Aber auch schon vor der Ehescheidung, während des laufenden Scheidungsverfahrens, kann das Ehegattenerbrecht verloren gehen. Voraussetzung dafür ist zum einen, dass ein verstorbener Ehegatte vor seinem Tode entweder die Scheidung selbst beantragt hatte in einem rechtshängigen Ehescheidungsverfahren oder er dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten im Verfahren zugestimmt hat. Voraussetzung ist aber zum anderen – und das ist hier von Bedeutung -, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen, also die Ehe ohne den Tod geschieden worden wäre (§ 1933 BGB).

Kürzlich hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf einen solchen Fall zu entscheiden: Im Mai 2016 hatten sich Eheleute getrennt. Ende 2017 beantragte der Mann die Scheidung. Im Februar 2018 ließ die Ehefrau über ihre anwaltliche Vertretung dem Anwalt des Mannes mitteilen, dass die Familie in den vergangenen Jahren schon oft schwierige Situationen gemeistert habe, es schon vor 20 Jahren Gründe für eine Scheidung gegeben habe, auch später immer wieder, man es aber jeweils geschafft habe und zusammen geblieben sei. Vielleicht könne man sich auch jetzt nochmal eine Chance geben. Sie wolle sich nicht scheiden lassen, fühle sich auch weiterhin für ihn verantwortlich und wolle sich nicht scheiden lassen; sie sei damals aus tiefster Überzeugung die Ehe eingegangen – bis der Tod sie scheide. In der Folgezeit verstarb der Mann noch während des laufenden Scheidungsverfahrens.

Das OLG entschied in dem Fall, dass die Ehefrau noch ein Erbrecht hat. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Scheidung, ein endgültiges Scheitern der Ehe, konnten nicht festgestellt werden. Nach Meinung des OLG war es in dem konkreten Fall unsicher, ob die Eheleute die Ehe möglicherweise wiedergestellt hätten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.10.2019, I-3 Wx 182/19).

Fazit:

Das Erbrecht ist nach § 1933 BGB nur ausgeschlossen, wenn die Prognose gerechtfertigt ist, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft wirklich nicht zu erwarten gewesen ist.

Michael W. Klein
Rechtsanwalt